Brücke zwischen Filmkunst und Alltag schlagen

Hessische Schulkinowochen kehren nach Coronapause in die Kinzig-Schule zurück

Oberstudienrat Richard Guth

(09. März 2023) „Ein Angebot wie dieses hat besonders viele Aspekte, denn wir haben zunächst einen Film aus dem Libanon gezeigt, der sich mit dem Krieg dort von 1982 auseinandersetzt, beziehungsweise der den Umgang mit Krieg so real wie nur irgendmöglich

und gleichzeitig so beiläufig wie möglich erzählt. Dass wir den Regisseur Oualid Mouaness gewinnen konnten, um das Gespräch am Ende des Films per Videoschaltung noch zu führen, hat sicherlich einen sehr besonderen Charakter. So sehen die Schüler einen Film in Originalton Arabisch mit deutschen Untertiteln und stellen auf der anderen Seite fest, dass wir ein Gespräch auf Englisch mit ihm führen und er uns von seiner Idee, den Film zu machen, berichten konnte. Es hat also unbedingt auch eine transkulturelle Komponente”, freute sich Aida Ben Achour vom Deutschen Filminstitut und Filmmuseum (DFF), die an diesem Kinotag an der Kinzig-Schule eine besondere Funktion innehatte.

Sie führte an diesem Vormittag Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums in die Welt des Films ein, diskutierte mit den Jugendlichen und führte ein Gespräch mit dem libanesischen Regisseur Oualid Mouaness. Im Mittelpunkt des Vormittags standen zwei Filme unterschiedlicher Genres. „1982 – Neunzehnhundertzweiundachtzig” gewährte aus Schülerperspektive einen filmischen Einblick in den Kriegsalltag im umkämpften Libanon, dabei war die Wahl des Orgateams der Hessischen Schulkinowochen vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges durchaus eine bewusste. Beim zweiten Werk handelte es sich um einen Dokumentarfilm von Eva Knopf, „Majubs Reise”, der dem Schicksal schwarzer Komparsinnen und Komparsen ein Mahnmal setzen will. Unterstützt wurde Aida Ben Achour vom Mainzer Filmwissenschaftler Manuel Föhl, der das Mobile-Kino-Angebot betreut, das die Teilnahme für Schulangehörige an den Hessischen Schulkinowochen erleichtert, an deren Schulstandort sich kein stationäres Kino befindet.

Die Hessischen Schulkinowochen blicken an der Kinzig-Schule auf eine lange Tradition zurück, so nahm das Berufliche Schulzentrum nach einer Coronapause wieder bereitwillig an dieser Bildungsmaßnahme des Landes Hessen teil. Oberstudienrat Heiko Schmidt, der mit einem Geschichtskurs aus der Jahrgangsstufe 12 an der Vorstellung „Majubs Reise” teilnahm, betonte, dass „mit dem Film „Majubs Reise“ uns allen, Lernenden wie Lehrenden, die gängigen Unterrichtsthemen aus der Jahrgangsstufe 12 wie Kolonialzeit, Erster Weltkrieg, Versailler Vertrag, Weimarer Republik, NS-Zeit in einem neuen Zusammenhang veranschaulicht werden sollten.” Dabei gibt er zu bedenken, dass die Lebensgeschichte Mohamed Husens („Majub“), der mutig trotz aller Herabsetzung, Ausgrenzung und Verfolgung – so Theodor Michael in einem Dokumentarfilm, der im Vorfeld am Vormittag gezeigt wurde – ein selbstbewusstes, unkonventionelles, „aufmüpfiges“ Leben geführt habe, dabei die Einnahme einer selten wahrgenommenen Perspektive erlaube. Neben der beeindruckenden Lebensgeschichte biete der Film einen inspirierenden Blick auf den Umgang mit Vergangenheit: ausgehend von dem Kolonial-Denkmal, was aus dem Abstellschuppen gezogen wird, über das toxische Film-Erbe der 1930er und 40er Jahre bis zu den gegenwärtigen Diskussionen zur Gestaltung von KZ-Gedenkstätten. Geschichtslehrer Heiko Schmidt ist sich dabei eines sicher: „So werden uns „Majubs Reise“ und die damit verbundenen Denkanstöße sicherlich im weiteren Unterricht und auf den kommenden Exkursionen wie dem Geschichtstag des Jahrgangs 12 begleiten.” Der Zwölftklässler Kimon Lap lobte die Idee, die „hinter dem Projekt stand”, da man Ereignisse durch Bilder und Videoaufnahmen eindrucksvoll wahrnehmen könne. Zudem konnte er „persönlich nochmal stark nachempfinden, wie schlimm es vielen Menschen – heute und in der Vergangenheit – unnötigerweise ergeht bzw. erging”.        

Der BG-Schülerin Marigona Berisha aus einer elften Gesundheitsklasse gefiel es, dass man bemüht gewesen sei, „den Schülern mal eine kleine „Auszeit“ zu geben, gleichzeitig aber auf ein wichtiges Thema aufmerksam zu machen”. Dem Regisseur anschließend nochmal die Chance zu geben, den Schülerinnen und Schülern genau zu erklären, weshalb er den Film so gestaltet und beendet hat, wie er es getan hat, habe für sie mehr Aufmerksamkeit auf die Situation in Kriegsländern gelenkt, was ihr ermöglicht habe, nachvollzuziehen, wie es jungen Menschen in Kriegssituationen ergehe. Mitschülerin Magdalena Schwarz lobte das inspirierende offene Ende, das ein Nachdenken über die Auswirkungen erlaube.

Outreach-Managerin Aida Ben Achour zog am Ende der Veranstaltung eine positive Bilanz und betonte, dass „die Schulkinowochen ein sehr wichtiges Angebot unseres Hauses, des DFF, sind. Hier können wir auf verschiedenen Ebenen jungen Menschen mit Themen begegnen, die sie gegebenenfalls auch in ihrem Alltag, sei es schulisch oder beruflich, beschäftigen.”